Klimaziele: „Lasst uns partnerschaftlich handeln“.
15-07-20
Beim „Digitalen Sommer der Energiewende“, vormals „Energietage 2020“, saß die Initiative Wohnen.2050 mit Interessenvertretern aus Politik, Handwerk, Wohnungs-, Bau- und Energiewirtschaft an einem Tisch. Die Frage, die alle beschäftigt: Wie können die Pariser Klimaziele bis 2050 in der Wohnungswirtschaft erreicht werden? Eine Herausforderung, vor der auch bayerische Wohnungsunternehmen stehen.
Mitte Juni trafen sich sechs hochkarätige Vertreter aus Politik und Wirtschaft in Berlin zur Podiumsdiskussion. Vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Entwicklungen und im Rahmen des „Digitalen Sommers der Energiewende“ stand für sie vor allem eine brennende Frage im Raum: Wie kann Klimaneutralität – und damit auch das Zwei-Grad-Ziel – in der Wohnungswirtschaft bis 2050 erreicht werden?
Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK): „Die Zeit für Experimente haben wir nicht mehr! Wir müssen anfangen! Das Handwerk saniert in diesem Jahr 600.000 Heizungen in Deutschland. Das ist zu wenig, 1,2 Millionen wären richtig.“ Axel Gedaschko, Präsident des GdW Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. und Vorstandsvorsitzender der Initiative Wohnen.2050 (IW.2050): „Die meisten unserer Mitgliedsunternehmen haben weniger als 20 Mitarbeiter. Für sie ist es unmöglich, alles selbst umzusetzen.“ Er fordert daher von seinen Mitstreitern: „Lasst uns partnerschaftlich handeln!“
Wohnungswirtschaft unter Handlungsdruck
Diesem Aufruf folgt auch Felix Lüter, Geschäftsführender Vorstand der IW.2050 und Leiter des Nachhaltigkeitsmanagements der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte I Wohnstadt (NHW): „Wir haben keine Zeit, wir brauchen ungeheuer viel Geld, aber wir müssen es schaffen“. In Anbetracht dieses Handlungsdrucks wurde im Oktober 2019 die IW.2050 von der NHW initiiert. Seither haben sich bereits 46 Unternehmen und sieben Institutionen der Gemeinschaft angeschlossen. Eine starke Gruppe, die derzeit fast 1,3 Millionen Wohneinheiten vertritt und täglich wächst. Aktuell sind weitere 20 Unternehmen und Institutionen in zwölf Bundesländern an der Mitarbeit interessiert. Neben dem interdisziplinären Austausch von Know-how und Erfahrungswerten, der zeitnahen Entwicklung von Konzepten und Lösungsstrategien wird aktiv finanzielle Unterstützung seitens der Politik eingefordert. Deutschlandweit nimmt der Zusammenschluss in der Wohnungswirtschaft eine Vorreiterrolle mit großem öffentlichem Engagement ein. Lüter möchte vor allem auch kleinere Wohnungsunternehmen ansprechen, sich der Initiative anzuschließen.
Mehr als nur die Hülle
Technisch, so Lüter, sei es durchaus möglich, ein Bestandsgebäude so zu modernisieren, dass es Klimaneutralität erlangt. Hierzu bedarf es neben einer guten Hülle vor allem erneuerbare Energien in der Wärmeversorgung. Für ihn ist damit ein Paradigmenwechsel im Bausektor eingeleitet. Als Leiter des Kompetenzcenters Nachhaltigkeitsmanagement der NHW identifiziert er eine weitere Stellschraube: Die Modernisierungsquote in der Wohnungswirtschaft muss massiv gesteigert werden! Auch Dr. Patrick Graichen, Direktor und Geschäftsführer der Agora Energiewende, wertet dies als entscheidenden Knackpunkt: „Wir müssen von aktuell einem auf deutlich über zwei Prozent wachsen, damit wir bis 2050 in Richtung Klimaneutralität kommen“. Für Axel Gedaschko ist diese Zahl sogar bis auf drei ausbaufähig, denn das ist das EU-Ziel. Sie sollte zumindest auf 1,5 klettern. Eine Größenordnung, von der die Podiumsteilnehmer bisher nur träumen können. Seitens der Politik wurde aus ihrer Sicht der Weg hierfür bisher nur halbherzig geebnet. Handwerk und Investoren benötigten schnellstmöglich sichere und langfristige Maßnahmen-Pakete, um entsprechende Kapazitäten auf- und auszubauen. Gerade jetzt, vor dem Hintergrund Corona-bedingter Konjunktur-Hilfen, bietet sich die Kopplung mit sinnvollen Fördermöglichkeiten an.
„Bei den erneuerbaren Energien gab es ein Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das einen Investitionsrahmen gesetzt hat, auf den die Wind- und Solarbranche mit ihren Kapazitäten bauen konnte. Im Wärmesektor fehlt ein solches Investitionsinstrument“, resümiert Graichen. Unterstützung wird seitens der Politik von Dr. Karsten Sach signalisiert. Der Abteilungsleiter Internationales, Europa und Klimaschutz im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) unterstützt den Ruf nach dem Aufbau langfristiger Kapazitäten sowie Investitions- und Erwartungssicherheit durch klare rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen. Ähnlich sieht es sein Kollege Lothar Fehn Krestas, Unterabteilung Bauwesen und Bauwirtschaft im Bundesministerium des Innern (BMI): Aus seiner Sicht müssen Förderprogramme auch langfristige Signale senden.
Klimastrategie durchdeklinieren
Der „Digitale Sommer der Energiewende“ hat das breite Themenspektrum und die Komplexität zur Erreichung der Klimaziele erneut aufgezeigt. Für Lüter ist damit der eingeschlagene Weg der IW.2050 bestätigt: „Eine Klimastrategie bis 2050 durchdeklinieren – das ist genau das, was die Initiative ihren Partnern in den ersten zwölf Monaten ermöglichen will. Welche Maßnahmen sind sinnvoll? Welche führen zum Ziel, welche nicht? Wie hoch sind die Kosten? Wie viel kann aus eigener Tasche finanziert werden? Was übersteigt die Leistungsgrenze?“ Final muss jedes Unternehmen wissen, wie sein individuelles CO2-Budget aussieht. Die Zeit drängt – das verdeutlicht auch das Arbeitstempo, das die Vereinsmitglieder seit Gründung an den Tag legen. Erste Workshops im März und Juni dienten dazu, sich grundsätzlich der Entwicklung einer Klimastrategie zu nähern und Grundlagen für die Zusammenarbeit zu erarbeiten. In Webinaren wurden die Partner mit dem eigens von der IW.2050 entwickelten CO2-Bilanzierungs- und dem Technik-Werkzeug vertraut gemacht. Beide ermöglichen es, den eigenen Fortschritt zu messen, die Notwendigkeit für bestimmte Maßnahmen zu erkennen und mögliche Zukunftsszenarien abzubilden. Im Herbst folgt das Werkzeug zur Finanzierung. Die Arbeitstreffen sind so konzipiert, dass alle Teilnehmer konkrete Hilfestellungen und praxisnahe Planungen mit nach Hause nehmen. Laut einer anonymen Umfrage sind 94 Prozent mit dem Vorgehen und den Maßnahmen zur Know-how-Aggregierung der IW.2050 im ersten Halbjahr zufrieden oder sogar sehr zufrieden.
Weitere Partner in Süddeutschland gesucht
Aus Bayern haben sich bisher sieben Wohnungsgesellschaften der IW.2050 angeschlossen: die GWG München, die GEWOFAG München, die Stadtbau Würzburg GmbH, die WU Wohnungsunternehmen Amberg eG, die Wohnbaugruppe Augsburg, die Bamberger Joseph-Stiftung und die Wohnbau Stadt Coburg GmbH. Besonders der Aspekt der sozialverträglichen CO2-Einsparung in günstigen Mietwohnungen ist eine große Herausforderung. Dr. Mark Dominik Hoppe, Geschäftsführer Wohnbaugruppe Augsburg: „Wir haben in den letzten Jahrzehnten schon etliche Modernisierungen durchgeführt. Das Dilemma: Es hat nicht zu dem Ergebnis geführt, das Paris als Klimaziel vorgibt. Wir werden unsere Hausaufgaben neu machen und schauen müssen, welche Maßnahmen wann durchzuführen sind, um dann zu entscheiden, mit welchen Mitteln das Ganze überhaupt funktioniert. Das wird eine Mammutaufgabe!“
Für Reinhard Zingler, Vorstand Joseph-Stiftung, stellte sich die Frage nach einer Mitgliedschaft in der IW.2050 nicht – es war selbstverständlich: „Wir verfolgen bereits seit Jahren eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie. Wir sind eines von wenigen Wohnungsunternehmen, das den deutschen Nachhaltigkeitskodex anwendet. Jetzt ist es wirklich höchste Zeit, aktiv mit anderen an einer Klimastrategie zu arbeiten.“ Als kirchliches Unternehmen, das sich überwiegend mit gefördertem Wohnraum beschäftigt, wertet er die hohen Investitionen bei der CO2-Einsparung als größtes Hemmnis. Hier seien unterstützende Maßnahmen dringend erforderlich.
Christian Meyer, Geschäftsführer Wohnbau Stadt Coburg GmbH, möchte „idealerweise eine gemeinsame verbindliche Zielsetzung für die Klimaneutralität im Wohnungsbestand erreichen.“ Neben einer Optimierung der Gebäudehülle müssten auch Themen wie Haustechnik, dezentrale Energiegewinnung im Quartier oder intelligente Speichertechnologien mit einbezogen werden. „Da wir uns schon lange mit dem Leben und Wohnen in der Zukunft befassen, ist die Initiative Wohnen.2050 eine ideale Gelegenheit, uns auszutauschen und weiterzuentwickeln.“
Im Rahmen einer Fachtagung des „VdW Bayern – Forum für kommunale Wohnungsunternehmen“ am Dienstag, 28. Juli 2020, im Tagungszentrum Schloss Hohenkammern referiert der Geschäftsführende Vorstand der IW.2050 Felix Lüter. Eine Diskussionsrunde schließt sich an. Thema: „Klimaneutral bis 2050 – Herausforderung für (kommunale) Wohnungsunternehmen“.
Zeichen (inkl. Leerzeichen + Headlines, ohne BU + Kasten): 8.777
Die Initiative Wohnen.2050 (IW.2050) ist ein bundesweiter Branchen-Zusammenschluss. Sein Ziel: Die CO2-Emissionen der teilnehmenden Unternehmen gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommen so zu minimieren, dass das globale „Kleiner-Zwei-Grad-Ziel“ eingehalten wird. Die Initiative versteht sich als Unterstützung der Wohnungsunternehmen und ihrer Verbände zur Erreichung der Klimaziele – aus der Branche für die Branche.
Unter den bislang 58 Unternehmenspartnern sind sechs der zehn größten Wohnungsunternehmen in Deutschland. Insgesamt vereinen die Gesellschaften rund 1,4 Millionen Wohneinheiten, die bis 2050 klimaneutral entwickelt werden sollen. Weitere institutionelle Partner sind die Hochschule EBZ Business School, der Spitzenverband GdW – Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen sowie die Regionalverbände VdW südwest, VdW West, VSWG – Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften, VdWNB – Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen sowie BBU – Verband der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen. Mehr Informationen zur Initiative Wohnen.2050 unter: www.iw.2050.de, twitter.com/Wohnen2050 und im eigenen Youtube-Kanal: https://www.youtube.com/channel/UCd9Amq_dwa53i9xXFEJK8BA
V. i. S. d. P.: Felix Lüter, Leiter Kompetenzcenter Nachhaltigkeitsmanagement und Geschäftsführender Vorstand der IW.2050 e. V.,
T. (0) 69-678674 –1280, E-Mail: felix.lueter@naheimst.de
Pressekontakt: hd…s agentur für presse- und öffentlichkeitsarbeit, Heike D. Schmitt, Sonja Keller, Kaiser-Friedrich-Ring 23, 65185 Wiesbaden, T. (0) 611-99 29 – 111 / – 114, E-Mail: h.d.schmitt@hds-pr.com, s.keller@hds-pr.com